Gesundheitsexperte Lauterbach: Psychotherapeuten sind nicht im Saft
Auf dem 49. ZEIT FORUM WISSENSCHAFT in Berlin sprachen Experten aus Wissenschaft und Politik von eklatanten Mängeln, da die Versorgungslage schwierig und viele Psychotherapeuten nicht richtig ausgebildet seien. „Große Teile der Psychotherapeuten sind schlicht nicht im Saft“, fasste der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Karl Lauterbach das Problem zusammen. Der Dresdener Professor Hans-Ulrich Wittchen, einer der Experten, der am DSM-5 mitarbeitet, geht davon aus, dass „50 Prozent der Therapeuten das DSM noch nie in der Hand hatten und viele der Weiterbildungspflicht nicht nachgehen“. Dabei sind sich beide Experten darin einig, dass das DSM die Arbeit von Ärzten und Therapeuten verbessert und – wie Isabella Heuser, Direktorin der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Charité Berlin, betont – dem Patienten erst eine verlässliche Versorgung sichert.
Kritik am DSM-5 hingegen gab es von Seiten des Autors, Konfliktcoachs und Paarberaters Michael Mary. Für ihn trägt das DSM zu einer Pathologisierung der Gesellschaft bei. 60 bis 80 Prozent psychischer Störungen seien auf Lebenskrisen des Menschen in der modernen Gesellschaft zurückzuführen, so der Autor. Darauf müsse man eine andere Antwort finden, als immer mehr Menschen als krank zu bezeichnen.
Das DSM gilt als Standardwerk zu Behandlung von psychischen Störungen und hilft Ärzten und Therapeuten bei der Klassifizierung verschiedener Krankheitsbilder, wodurch es maßgeblich die Behandlung der Patienten beeinflusst. Seit 14 Jahren arbeiten mehr als tausend Wissenschaftler aus der ganzen Welt an der fünften Fassung.
Das ZEIT FORUM WISSENSCHAFT ist eine Veranstaltungsreihe der Wochenzeitung DIE ZEIT und der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius. In Kooperation mit dem Deutschlandfunk und der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften.