Reiner Haseloff: „Deutschland ist weiterhin ein geteiltes Land“
Bei der Diskussionsveranstaltung „Zur Sache, Leipzig: Braucht Deutschland wirklich eine Ost-Quote?“ am Mittwoch in Leipzig stellte Reiner Haseloff fest, dass Deutschland weiterhin ein geteiltes Land sei: Die Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland werden nach Ansicht des Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt auch noch in 100 Jahren spürbar sein. Die Wirtschaftsleistung zwischen Bayern und Norddeutschland unterscheide sich um zehn Prozent, das Verhältnis zwischen dem Westen und Osten des Landes hingegen sei zwei zu eins. Dieses Missverhältnis werde „sich nicht von allein ändern“, dabei seien gleiche Lebensbedingungen ein Verfassungsgebot.
Daneben gebe es auch Mentalitätsunterschiede, die durch die unterschiedliche Sozialisation in der DDR und in der Bundesrepublik bedingt seien. So sei es in der DDR schwer möglich gewesen reich zu werden, so dass andere Werte eine größere Bedeutung gehabt hätten. Daran könnten sich auch die Westdeutschen ein Vorbild nehmen, so Haseloff: „Es wäre gut für die Westdeutschen, wenn sie nicht so bleiben würden, wie sie sind“. Karola Wille, Intendantin des MDR, ergänzte: „Wir brauchen eine neue Wertschätzung der Lebensleistung Ostdeutscher.“ Martin Machowecz, Büroleiter der ZEIT im Osten, beobachtet „ein neues ostdeutsches Selbstbewusstsein“, obwohl Ostdeutsche in Führungspositionen weiterhin deutlich unterrepräsentiert sind. Lars Vogel, Politikwissenschaftler an der Universität Leipzig, sprach sich für eine Ost-Quote aus. Sie könne „eine Maßnahme unter vielen sein, das Ungleichgewicht zu verringern“. Die Teilnehmer waren sich einig in der Diagnose, dass sich Eliten immer aus sich selbst rekrutierten, Westdeutsche also eher Westdeutsche befördern würden.
Die Veranstaltung „Zur Sache, Leipzig“ ist der Auftakt einer Debattenreihe, die von der ZEIT-Stiftung, der ZEIT im Osten und der Universität Leipzig ausgerichtet wird. Sie wird von Patrik Schwarz, Geschäftsführender Redakteur der ZEIT, moderiert und findet im Paulinum – Aula und Universitätskirche St. Pauli statt.